
Das versteht man unter First Contact Resolution
Bei der First Contact Resolution (FCR) – auch Erstlösungsquote genannt – handelt es sich um den Anteil von Kundenanfragen, den der Support im ersten Anlauf löst: Zum Beispiel bedarf es nur eines Anrufs, einer E-Mail oder einer Chat-Konversation, um ein Problem zufriedenstellend zu lösen.
Da Kundenkontakte immer noch zumeist telefonisch zustande kommen, ist für diese Quote auch der Terminus First Call Resolution geläufig.
Wie misst man die FCR?
Die FCR lässt sich einfach berechnen: Man teilt die Anzahl der Anfragen, die sich mit einer einzigen Interaktion (ein Anruf, eine E-Mail-Antwort oder eine Chat-Sitzung) lösen ließen, durch die Gesamtzahl an Anfragen.
Die Former lautet wie folgt:
FCR = Zahl der mit einer Interaktion gelösten Tickets / Gesamtzahl der erhaltenen Tickets
Was ist eine gute Erstlösungsquote?
Der Industriestandard für die Erstlösungsquote liegt bei 70 % bis 79 %. Wer in diesem Bereich landet, darf sich mit Recht über eine gute FCR freuen.
Werte, die bei 80 % und höher liegen, sind laut dem Callcenter-Unternehmen SQM Group „weltklasse“; was allerdings nur 5 % der Callcenter weltweit erreichen. Läge der Branchendurchschnitt bei 70 %, so seien dagegen Werte von unter 70 % dagegen verbesserungswürdig.
Die Erfahrung zeigt jedoch, dass diese Benchmarks für die FCR tendenziell etwas zu hoch angesetzt sind. Wer darunter bleibt, bietet auch nicht zwangsläufig einen „schlechten” Service, da es sich hier nur um einen Key Performance Indicator (KPI) von vielen handelt.
Zudem hängt die erzielte FCR von vielen Faktoren ab. Ein guter Wert könnte zum Beispiel schlicht bedeuten, dass es einen unzureichenden Self-Service gibt, so dass sich Kunden vermehrt mit simplen, sehr leicht zu lösenden Anfragen an den Support wenden.
Darum ist die Erstlösungsquote wichtig
Die First Contact Resolution kann als eine wichtige Kennzahl zur Service-Qualität dienen. Viele Callcenter arbeiten zu Recht mit dieser Metrik, da Kunden bei der Kontaktaufnahme eine schnelle Lösung ihres Anliegens erwarten. Bei jeder Verzögerung entsteht zusätzliche Frustration, insbesondere dann, wenn Kunden zuvor bereits in einer Wissensdatenbank, bei einem KI-Chatbot oder ähnlichen Angeboten nicht weitergekommen sind.
Mit einer guten FCR können sich Unternehmen vergewissern, dass Kunden bei Problemen schnelle Abhilfe erfahren – was zu ihrer Zufriedenheit beiträgt. Tatsächlich lässt sich eine spezifische FCR sinnvollerweise als ein KPI für die Kundenzufriedenheit hernehmen, da sie zu einem gewissen Anteil dazu beiträgt. Einen Customer Satisfaction Score (CSAT) können Unternehmen auch separat erheben, wobei auch hier eine positive Erstlösungsquote unmittelbar zu einem günstigen Wert beiträgt.
FCR: Die Vor- und Nachteile
Die First Contact Resolution bildet ohne Zweifel eine wichtige Metrik. Unternehmen sollten sich jedoch keineswegs einseitig auf sie fokussieren, da sich durch sie nur im Zusammenspiel mit anderen Metriken zuverlässige Aussagen über die Qualität des Kundenservices und die damit zusammenhängende Kundenzufriedenheit treffen lassen. Es wäre also ein Fehler, sie als einen umfassenden Indikator heranzuziehen.
Vorteile
Hier finden sich nun die wichtigsten Vorteile, um die FCR als Metrik zu nutzen, im Überblick.
- Bedeutung für die Kundenbindung: Eine hohe FCR-Rate korreliert eindeutig positiv mit einer guten Kundenzufriedenheit. Da Kunden schnelle Lösungen zu schätzen wissen, beleuchtet die Erstlösungsquote einen wichtigen Aspekt des Kundenservice-Managements. Ist dieser erfüllt, bleiben sie deutlich eher loyal.
- Zusammenhang mit Kosten: Lösungen beim ersten Kontakt stehen in einem direkten Zusammenhang mit unternehmerischen Kosten: Entfallen durch eine gute FCR nämlich wiederholte Anfragen, senkt dies die Betriebskosten – und Support-Teams können ihre Arbeitskraft anderweitig investieren.
- Aussagen zur Servicequalität: Ein hoher FCR-Wert signalisiert, dass Service-Teams effizient arbeiten, über die nötigen Informationen verfügen und gut geschult sind – auch wenn die Zahlen manchmal mit Vorsicht zu genießen sind. So bedarf es oft einer Validierung durch weitere Kennzahlen, um verlässliche Aussagen treffen zu können.
- Einfluss auf Support-Teams: Support-Mitarbeiter sind verständlicherweise selbst frustriert, wenn sie es über längere Zeit mit verärgerten Kunden zu tun haben. Eine gute Erstlösungsquote spricht somit für weniger Stress, eine geringe Belastung und mehr Erfolgserlebnisse.
- Wettbewerbsvorteile: Wer eine bessere FCR-Quote als die Konkurrenz aufweist, ist bei diesem wichtigen Aspekt des Kundenservices im Vorteil. Darüber hinaus ergeben sich indirekte Wettbewerbsvorteile, wenn Unternehmen FCR-Werte für gezielte Verbesserungen heranziehen.
Nachteile
Die First Contact Resolution beleuchtet nur einen Teil der Wahrheit. Verlassen sich Unternehmen alleine auf diese Kennzahl, kommt es schnell zu Fehlinterpretationen bei der Bewertung der erbrachten Leistung. Infolgedessen kann sich die Servicequalität sogar verschlechtern.
Im Einzelnen ist bei folgenden Fällen Vorsicht geboten:
- Komplexe Fälle: Eine sofortige Lösung lässt sich nicht für jedes Problem erreichen. Steht die FCR zu sehr im Fokus, sind komplexe Anfragen möglicherweise nicht weit genug priorisiert und erhalten nicht die ihnen gebührende Aufmerksamkeit.
- Falsche Signale: Betrachten sie eine hohe Erstlösungsquote isoliert, schließen Unternehmen schnell auf einen guten Service. Tatsächlich kann es aber der Fall sein, dass nur sehr unzureichende Self-Service-Optionen bestehen und Kunden deshalb mit den banalsten Anfragen auf Mitarbeiter zukommen. Dies gibt wiederum keineswegs Anlass für eine hohe Kundenzufriedenheit und wiegt Unternehmen in einer trügerischen Sicherheit.
- Verfälschter Wert: Viele Unternehmen geben eine hohe FCR-Quote als Ziel an, wodurch Mitarbeiter – im Sinne der Zielerreichung – Tickets vorschnell schließen. Oft sind dann Probleme allerdings noch nicht gelöst und Kunden wenden sich verärgert erneut an den Support. Ebenso treten Ungenauigkeiten auf, wenn sich zum Beispiel erst später herausstellt, dass gewisse Lösungen unzureichend waren.
- Qualitätsbedürfnis: Werden Anfragen (Tickets) früh geschlossen, kann das zu Lasten einer gründlichen Lösung gehen. Ebenso wünschen sich einige Kunden umfassende Beratungen. Immer wenn es um eine hohe Qualität geht, müssen Verantwortliche die FCR differenziert betrachten und in Relation zu anderen wichtigen Zielen stellen.
- Unfaire Bewertungen: Die Erstlösungsquote als einen wichtigen Indikator heranzuziehen, um Servicemitarbeiter zu bewerten, führt dazu, dass Mitarbeiter mit vielen komplexen Fällen als unverhältnismäßig schlecht erscheinen. Dabei leisten gerade sie wertvolle Arbeit.
Fazit: Vorteile vs. Nachteile
Die First Contact Resolution hat ihren Platz als wichtige Service-Management-Metrik verdient. Anwender sind jedoch gefragt, sie differenziert und in Kombination mit anderen wichtigen Metriken zu betrachten. Erst dann ergibt sich ein probates Gesamtbild der Service-Qualität. Dafür ist die FCR schließlich ein großes und entscheidendes Puzzlestück.
5 Best Practices für die FCR
Richtig angewendet, hat die First Contact Resolution viel Sinn. Die folgenden Best Practices bilden dafür wichtige Bausteine und Optimierungen.
#1: Ziele mit Bedacht wählen
Eine „weltklasse“ FCR kann ein wichtiges Ziel darstellen, aber das muss keineswegs der Fall sein. Übergeordnet ist eine hohe Kundenzufriedenheit – und mit ihr Werte wie die Customer Retention Rate (CRR) – die oberste Maxime. Unternehmen sollten sich die Frage stellen, inwiefern eine gute Erstlösungsquote darauf einzahlt.
Je nach Ist-Zustand könnten eine höhere Qualität im Kundenservice, kürzere Wartezeiten oder ein gutes Eskalationsmanagement (bei vielen komplexen Fällen) bessere Zielsetzungen darstellen. Hängt die Kundenzufriedenheit jedoch maßgeblich von unmittelbaren Problemlösungen ab, erweist sich die FCR als goldrichtig.
#2: Mit einer Wissensdatenbank arbeiten
Gemeinsam sind Teams stark: Davon lässt sich bei Kundenkontakten profitieren, indem alle schnell auf relevantes Wissen anderer Teammitglieder zugreifen können. Das funktioniert am besten, indem man eine Wissensdatenbank aufbaut, in der sich Erfahrungen, Problemlösungen, Anleitungen, How-to-Beschreibungen und Lösungen niedrigschwellig abrufen lassen.
Der Support hat davon vor allem bei wiederholt auftretenden Problemen erhebliche Vorteile. So können Mitarbeiter diese eher beim ersten Kundenkontakt lösen. Ist Wissen für Supportfälle elementar wichtig, erfüllt eine solche Datenbank eine äußerst hilfreiche Funktion.
#3: FCR mit anderen Metriken kombinieren
Die First Contact Resolution repräsentiert nur einen Teil der Wahrheit – und genau nach diesem Prinzip sollte man mit ihr umgehen: Vollkommen isoliert betrachtet, gibt sie wenig Aufschluss, auch wenn sie für die Kundenzufriedenheit eine hohe Bedeutung aufweist.
Unter anderem in Kombination mit folgenden Metriken kann die FCR ein klares Bild zeichnen:
- Customer Satisfaction Score (CSAT): Dieser misst die Kundenzufriedenheit über eine kurze Umfrage, zum Beispiel mittels einer Bewertung von 1 bis 5.
- Net Promoter Score (NPS): Diese Metrik dient zur Ermittlung, mit welcher Wahrscheinlichkeit ein Kunde das Unternehmen weiterempfehlen würde.
- Lösungszeit (Time to Resolution, TTR): Hier geht es um die durchschnittliche Zeit, bis ein Problem gelöst ist.
- Ticket-Rücklaufquote (Reopen Rate): Sie zeigt an, wie oft geschlossene Tickets erneut geöffnet werden, wobei ein hoher Wert auf eine schlechte Qualität bei der Problemlösung schließen lässt.
- Einhaltung von Service-Level-Vorgaben: Vereinbarte Service Level Agreements (SLAs) sollte der Support unbedingt einhalten. Vorgaben kann es zum Beispiel für Reaktions- oder Lösungszeiten und die Verfügbarkeit des Supports geben.
Je nach der individuellen Zielsetzung können sich auch weitere Metriken als äußerst sinnvoll und hilfreich erweisen.
#4: Automatisierte Ticket-Weiterleitungen einführen
Wer Anfragen sofort lösen möchte, tut gut daran, auf neue Mittel zurückzugreifen. So entstehen Kundenkontakte in der Regel nicht nach einem festen, Expertise-basierten Schema – Tickets gehen an Mitarbeiter, die für die entsprechenden Thematiken möglicherweise nicht die besten Ansprechpartner sind.
Durch automatische Ticket-Weiterleitungen können Kunden sofort mit Mitarbeitern in Verbindung treten, die auf dem jeweiligen Gebiet ein gutes Know-how aufweisen. So erhöht sich die Wahrscheinlichkeit immens, dass es auch bei anspruchsvollen Thematiken zu einer First Contact Resolution kommt. Zumeist erweisen sich gerade solche Fälle als entscheidend, um Zielvorgaben zu erreichen – und damit Kunden einen guten Service wahrnehmen.
#5: Erfassung von Erstkontakten verbessern
Es wurde hier bereits thematisiert, dass FCR-Quoten oft trügerisch sind. So handelt es sich bei vielen augenscheinlichen Erstkontakten tatsächlich um Folge-Anfragen. Das ist zum Beispiel der Fall, wenn Kunden sich vergeblich an einem Self-Service-Portal versucht haben oder im Kontakt mit einem Mitarbeiter ohne eine zufriedenstellende Antwort geblieben sind, das Ticket aber geschlossen wurde.
Somit ist es genauso wichtig wie auch schwierig, Vorgänge richtig einzuordnen und unverzerrte FCR-Quoten zu erfassen. Folgendes kann helfen:
- die gesamte Customer Journey betrachten
- Daten aus Self-Service-Portalen, Chatbots oder Wissensdatenbanken verknüpfen
die FCR so definieren, dass auch Self-Service-Versuche als Erstkontakt gelten - direkt beim jeweiligen Kunden nachfragen, ob zuvor bereits an einer Problemlösung gearbeitet wurde
- ergänzende Metriken wie die Self-Service Success Rate (SSSR) einführen
- bei gegebenen Anlass den Self-Service-Bereich optimieren
Fazit: First Contact Resolution – Ja, aber richtig eingeordnet
Die meisten Kunden erwarten schnelle, unmittelbare Lösungen. Vor diesem Hintergrund erweist sich eine solide Erstlösung als wertvoll – und hat sogar einer detaillierten späteren Lösung etwas voraus. Die First Contact Resolution erweist sich somit als eine wichtige Metrik und ein entscheidender Baustein für eine ansprechende Kundenzufriedenheit.
Doch sollten Anwender immer den gesamten Kontext betrachten, bevor sie der FCR eine hohe Priorität einräumen. Oft lässt sich ein bestimmter Wert nur im Zusammenspiel mit anderen Metriken erklären oder es kommt aus gewissen Gründen – wie einem unzureichenden Self-Service-Angebot – zu einer Verzerrung.
Somit sollte die First Contact Resolution im Kundenservice sinnvoll zum Einsatz kommen. Dazu zählen sowohl realistische Zielsetzungen und unverzerrte Erfassungen als auch geschickte Maßnahmen, um möglichst hohe Werte zu erreichen.
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